
Vier Tage im Klassenzimmer lernen – und einen ins Praktikum gehen oder zu Hause büffeln: Was in einigen Schulen in Sachsen-Anhalt schon jetzt getestet wird, soll ab dem neuen Schuljahr an mehreren Schulen möglich sein. Dort ermöglicht Sachsen-Anhalt die Vier-Tage-Woche – mit dem Ziel, daraus für einen möglichen Regelbetrieb zu lernen. Hat das mit dem Lehrermangel zu tun? Davon geht der Spiegel-Autor Christian Füller aus. Das Bildungsministerium behauptet das Gegenteil.
Mehrere Schulen in Sachsen-Anhalt führen ab dem kommenden Schuljahr eine Vier-Tage-Woche ein. Das berichtet das Nachrichtenmagazin “Der Spiegel”. Das Modell sieht demnach vor, dass Schülerinnen und Schüler am fünften Tag entweder ein Praktikum machen oder online zu Hause lernen. Das Bildungsministerium teilte MDR SACHSEN-ANHALT nach Erscheinen des Spiegel-Berichts mit, dass ab Sommer vorerst zwölf ausgewählte Schulen im Land ihren Unterricht anders gestalten werden.
Einige der beteiligten zwölf Schulen sollen demnach das sogenannte 4+1-Modell testen, andere ein weiteres Modell, das Unterricht in Blöcken von 80 Minuten vorsieht. Das Ministerium sprach lediglich von einem “Modellversuch”. Allerdings zeigt ein Aufruf des Hauses von Ministerin Eva Feußner (CDU) an alle Schulleiterinnen und Schulleiter der Sekundar- und Gemeinschaftsschulen, dass daraus Erkenntnisse für “eine Übernahme dieser Modelle in den Regelbetrieb” gewonnen werden sollen – oder herausgefunden werden soll, was sich nicht für den Alltagsbetrieb eigne. Das Papier liegt MDR SACHSEN-ANHALT vor. Bildungsministerin Feußner hatte den Plan dem Spiegel-Bericht zufolge bestätigt. Dass das Modell ab kommendem Schuljahr flächendeckend möglich sei, wie zunächst berichtet, wies das Ministerium aber zurück.
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Lehrermangel als treibendes Motiv?
Recherchen des Magazins, nach denen der Lehrermangel treibendes Motiv für die Pläne der Vier-Tage-Woche ist, dementierte die CDU-Politikerin Feußner ebenfalls. “Das Modellprojekt versteht sich explizit nicht als Instrument gegen den Lehrkräftemangel”, sagte Feußner dem Spiegel. Nach Darstellung des Bildungsministeriums geht es um “Freiräume in der konzeptionellen Unterrichtsplanung”.
Idee wird bereits umgesetzt
Laut dem Spiegel-Bericht wird die Praxis bereits jetzt an einigen Schulen angewandt, darunter in Salzwedel und Bismark. MDR-Informationen zufolge gibt es bereits mehr als 30 Schulen, die einen sogenannten “Praxislerntag” eingeführt hätten. Dabei würden Schülerinnen und Schüler der Mittelstufe alle zwei Wochen einen Tag in ein Unternehmen gehen, um dort Lehrplaninhalte auf praktischen Weg zu lernen. Den Informationen zufolge hätten an dem “neuen” Projekt auch mehr als die zwölf angegebenen Schulen teilnehmen können. Wenn sich demnach alle Schulen dafür angemeldet hätten, wäre es nicht zu einem Modellprojekt gekommen, sondern das Vorhaben hätte dann landesweit gegolten.
Kritik von Lehrkräften und Bildungspolitikern
Der Lehrerbezirkspersonalrat kritisierte die Pläne, ebenso Teile der Opposition im Landtag. Der Bildungspolitiker der Linken, Thomas Lippmann, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, das Bildungsministerium stecke mehr Kraft in das Überspielen des Mangels als in dessen Beseitigung. “Aus jeder Zeile spricht, dass es um den reinen Mangel geht. Es lastet ein unglaublicher Druck auf den Schulleitungen. Wenn solche Modelle eine so tolle Innovation sind, warum werden sie dann nicht auch an Gymnasien erprobt”, fragte Lippmann.