
Am 15. April wird mit Isar 2 in Landshut (Bayern) das vorerst letzte Atomkraftwerk in Deutschland abgeschaltet. Neckarwestheim 2 (Baden-Württemberg) und Emsland (Niedersachsen) werden ebenfalls vom Netz gehen. Der Atomausstieg war ein bedeutender Schritt für Deutschland und wurde aufgrund der Risiken und Gefahren, die von der Kernenergie ausgehen, beschlossen. Dennoch gibt es nun Zweifel, ob die Entscheidung richtig war.
Vor allem in Bezug auf die Energiesicherheit und den Wirtschaftsstandort Deutschlands ist der Atomausstieg fragwürdig. Politiker wie Jens Spahn (CDU) sorgen sich um die Energieversorgung des Landes und bezeichnen das Abschalten der drei verbliebenen AKW als eine Ideologie, die durchgepeitscht wird. Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) sieht darin das Ende eines kerngesunden 50-jährigen Mannes.
Auch für den Klimaschutz ist das Atom-Aus keine gute Nachricht. Im Jahr 2022 war Kohle der wichtigste Energieträger in Deutschland, und es wurden 8,4 Prozent mehr Kohlestrom ins Netz eingespeist als im Vorjahr. Die drei verbliebenen AKW hätten durch Weiterbetrieb für 2 bis 4 Prozent weniger CO2-Ausstoß pro Monat gesorgt und somit etwa 7 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr eingespart. Aktuell emittiert Deutschland insgesamt rund 760 Millionen Tonnen CO2 jährlich.
Der Weiterbetrieb der AKW würde auch den Wirtschaftsstandort Deutschlands stärken, da eine Energie-Lücke vermieden werden würde. Ein Bericht der Top-Berater von McKinsey warnt, dass Deutschland bereits 2025 eine Versorgungslücke von 4 Gigawatt droht und bis zum Jahr 2030 sogar 30 Gigawatt fehlen könnten. Dies entspricht etwa 30 thermischen Großkraftwerken.
Während die CO2-Bilanz der Kernenergie besser ist als die der Kohle, besteht auch das Risiko eines atomaren Unfalls. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht dies als Hauptgrund, warum der Atomausstieg notwendig war.
Die Abschaltung von Isar 2 wird am 15. April erfolgen, indem die Regler des Kraftwerks runtergefahren werden. Die Leistung wird nach und nach reduziert, bis um 23.30 Uhr kein Strom mehr ins Netz fließt. Schon ab 22 Uhr werden pro Minute 10 Megawatt Leistung heruntergefahren. Um Mitternacht wird der Reaktor endgültig abgeschaltet. Dann ist Kernkraft in Deutschland Geschichte.
Der Prozess erfordert sorgfältige Planung und Durchführung, um sicherzustellen, dass er sicher und umweltfreundlich abläuft.
- Abkühlung des Reaktors: Zunächst wird der Reaktor abgekühlt, um sicherzustellen, dass keine Reaktionsprozesse mehr stattfinden. Dies wird durch die Reduktion der Brennstoffmenge erreicht, indem die Steuerstäbe in den Reaktor eingeführt werden, um den Fluss von Neutronen zu blockieren, die für die Aufrechterhaltung der Kernspaltung verantwortlich sind.
- Trennung vom Stromnetz: Sobald der Reaktor abgekühlt ist und keine nennenswerten Mengen an radioaktiven Materialien mehr produziert werden, wird der Reaktor vom Stromnetz getrennt.
- Entfernung des Brennstoffs: Die Brennstäbe werden aus dem Reaktor entfernt und in spezielle Abklingbecken gebracht, wo sie weiter abkühlen und auf ihre spätere Entsorgung vorbereitet werden.
- Entfernung der kontaminierten Materialien: Kontaminierte Materialien werden entfernt und entweder gereinigt oder als radioaktiver Abfall entsorgt.
- Deaktivierung des Reaktors: Nachdem der Reaktor vollständig entladen und dekontaminiert ist, wird er endgültig stillgelegt. Dies bedeutet, dass alle Teile des Reaktors deaktiviert werden, um sicherzustellen, dass er nicht reaktiviert werden kann.0
Laut einer Umfrage im Auftrag von Nuklearia e. V. spricht sich eine klare Mehrheit der Deutschen für die Nutzung von Atomkraft zur Stromerzeugung aus, um die Klimaschutzziele der EU zu erreichen. Seit Mitte 2021 ist das Lager der Befürworter rasant gewachsen und aus einer knappen Mehrheit von 50 % wurde eine satte Zweidrittel-Mehrheit von 69 %. Besonders im konservativen Spektrum (CDU, FDP, AfD) ist der Zuspruch für Kernkraft mit 9 von 10 Wählern besonders ausgeprägt. Aber auch bei SPD und Linkspartei sowie bei den Wählern der Grünen gibt es eine deutliche Mehrheit für die Nutzung von Atomkraft.
Insgesamt bleibt der Atomausstieg ein umstrittenes Thema. Während die Gefahren und Risiken der Kernenergie nicht zu leugnen sind, gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Energiesicherheit und des Wirtschaftsstandorts Deutschlands. Die Zukunft wird zeigen, ob der Atomausstieg die richtige Entscheidung war oder nicht.