Ertrag vs. Artenreichtum
Was er damit meint, erklärt Friedel an einem einfachen Beispiel: Während junge Buchen auch im Schatten prächtig gedeihen würden, bräuchten Eichen Sonnenlicht zum Wachsen. Langfristig würden sich unter den Kronen der alten Bäume also nur Buchen durchsetzen, und ausgerechnet die als besonders klimaresistent geltenden Eichen würden verkümmern. Friedel muss deshalb dafür sorgen, dass dort, wo junge Eichen wachsen, gezielt einige alte Bäume gefällt werden, damit genug Sonnenlicht zum Boden vordringt.
Die Auswahl der Bäume, die letztlich gefällt werden, trifft der Förster anhand verschiedenster Kriterien. Einerseits sollen sie Holz von guter Qualität liefern, denn die Bewirtschaftung eines Dauerwaldes ist besonders pflegeaufwändig – und finanziert wird sie nicht zuletzt durch den Verkauf des Holzes. Andererseits soll Kahlschlag vermieden und Baumartenreichtum erhalten werden.
Ich schütze vor allem die ‘Minderheiten’, damit seltene Bäume wie Elsbeere, Wildkirsche oder Wildapfel hier erhalten bleiben.
Auch Bäume, die besonders spektakulär gewachsen sind oder Lebensraum für Tiere bieten, sind tabu. Friedel sprüht dann mit Farbe ein H auf ihre Rinde und erklärt sie so zum “Habitatbaum”, der auf keinen Fall gefällt werden darf.
Damit überhaupt erstmal etwas wächst, muss der Förster bisweilen nachhelfen. Wenn etwa dort, wo eigentlich ideale Bedingungen für Eichen herrschen, bislang keine alten Eichen stehen, die sich von selbst fortpflanzen können, sammeln Friedel und seine Waldarbeiter die Eicheln an anderen Stellen in ihrem Revier ein und pflanzen sie dann gezielt in den ausgewählten Arealen ein. Und weil frisch eingegrabene Eicheln und die Triebe junger Bäume ein gefundenes Fressen für Wildschweine, Rehe und Damwild sind, spielt auch die Jagd beim Schutz des Dauerwaldes eine wichtige Rolle.
Spuren des Klimawandels
Wer genau hinsieht, entdeckt allen Anstrengungen zum Trotz selbst im Hakel sichtbare Spuren des Klimawandels. Immer wieder bleibt Förster Friedel beim Gang durch sein Revier stehen und deutet auf Eichen am Wegesrand, deren Rinde an manchen Stellen dunkel verfärbt ist: “Schleimfluss”, sagt Friedel und zuckt mit den Schultern, “die Folge von Pilzerkrankungen der Bäume, die durch den Klimawandel immer häufiger vorkommen.”
Doch obwohl auch im Hakel einzelne Bäume leiden, ist der Dauerwald insgesamt verhältnismäßig gut gegen Hitze und Trockenheit gewappnet. “Durch die Durchmischung verschiedener Baumarten und Altersstufen haben Dauerwälder bessere Chancen, extremen Klimaereignissen nicht so zum Opfer zu fallen, wie es etwa den Fichtenwäldern im Harz passiert ist”, sagt Axel Noltensmeier von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt. “Wenn ein alter Baum Klimaeinflüssen oder Schädlingen zum Opfer fällt, steht daneben ja schon ein junger Nachfolger parat.”
Die Entwicklung zum Dauerwald macht sich nicht nur in Sachen Klimaresilienz positiv bemerkbar, sie gibt dem Wald auch eine Funktion zurück, die in Monokulturen teilweise verloren gegangen war: als Biotop für unzählige Vogel-, Säugetier- und Insektenarten. Im Hakel lässt sich dieser Artenreichtum bereits beobachten. “Hier brüten zum Beispiel Milane und der extrem seltene Schreiadler”, sagt Revierförster Friedel.
Autor: MDR Harz
Quelle: MDR Harz