Vor dem Theater Nordhausen fiel im Sommer 2022 aus mehreren Metern Höhe etwa eine Tonne Holz auf den Boden. Es gehörte zur Baumkrone der Theaterbuche. Ein alter Baum der Stadt, der dort seit einhundert Jahren wächst.
Der Baum steht zwischen dem Theatereingang und einem griechischen Restaurant. Es war reiner Zufall, dass an diesem Sommertag niemand von den Hunderten Kilogramm Gewicht erschlagen wurde. Als das Geäst abbrach, hatte es noch grüne Blätter getragen. Trotzdem gab ein großes Stück der Baumkrone der Schwerkraft nach. Ganz plötzlich, ohne Vorwarnung.
Von Borkenkäfern befallener Fichtenwald im Harz. (Archivbild)
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Beim Thema Baumsterben richtet sich der mitteldeutsche Blick schnell auf den Harz. Die sterbenden Wälder und nackten Stämme des Mittelgebirges erschüttern Wanderer seit Jahren. Doch das Baumsterben hat spätestens mit dem trockenen Sommer von 2018 auch die Städte erreicht. Etwa Nordhausen, die Stadt am Hang des Südharz.
Hier ist das Revier des städtischen Baumkontrolleurs Dirk Küchenthal. Im Frühjahr 2018 hatte Küchenthal noch keinen Alarm geschlagen. Niemand tat das, im Frühling fiel noch ausreichend Regen. Doch bei seinen Kontrollgängen durch die Stadt bemerkte er etwas Ungewöhnliches.
Dirk Küchenthal überprüft das Wohlbefinden seiner Baumschützlinge gerne auch mit den Händen.
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Dazu muss man wissen: Dirk Küchenthal fasst seine Bäume gerne an. Er tippelt mit den Fingernägeln auf der Rinde, er kratzt leicht darüber und fängt mit seiner Handfläche die Vibrationen des Schonhammers auf, mit dem er den Stamm abklopft. Jeder gehe da anders vor, sagt er, aber so erkenne er Auffälligkeiten. Bereits in den ersten Sommermonaten spürte er mit den Händen, dass die Rinde deutlich zu warm war.
“Schon zehn Uhr am Vormittag wehte ein warmer Wind durch die Stadt, wie ein Föhn, der die Stämme erhitzte”, sagt Küchenthal. Schädlich für die Wachstumsschicht unter der Rinde, dem Kambium, sei dies gewesen. Für ein gesundes Wachstum müsse das Kambium feucht bleiben.
Schon zwischen August und September 2018 starben die ersten Großbäume. In der Lebenszeit mancher dieser Pflanzen heißt das: wie von einer Sekunde auf die andere. Spitzahorn und Buchen gehörten zu den ersten Arten, die aufzeigten, was da noch kommen sollte. Doch durch die trockenen Folgejahre sind mittlerweile alle Baumarten betroffen.