Draußen im Wald spürt sie nicht nur, dass sie am Leben ist. Sie verliert auch viel Körpergewicht. Kurz vor ihrer Diagnose wog Kristin Otto noch weit über 120 Kilo. Mittlerweile hat sie ihr Gewicht locker halbiert.
Neue Ernährung, frische Tattoos
Veränderung 2: Kristin Otto stellt außerdem ihre gesamte Ernährung um. Wenn sie heute ihren Küchenschrank öffnet, sieht es da ganz anders aus als früher: kein Industriezucker, kein Weizen, keine Lebensmittel, die potentiell Krebs fördern könnten. Stattdessen gibt es bei ihr viele Proteine und rote Beeren. “Sollte ich nochmal krank werden oder ein Krebs ausbrechen, will ich ausschließen können, dass es an der Ernährung lag.”
Mit Veränderung 3 hat Kristin bereits vor der Krebsdiagnose begonnen: Auf ihrem Körper sammelt sie großflächige, bunte Tattoos, allesamt Teil ihrer 45-jährigen Lebensgeschichte. Auf ihrer rechten Wade prangt ein Kinderbild ihrer Mama. Zwei Jahre hat sie noch gemeinsam mit ihr gegen ihre Krebserkrankungen gekämpft. Kristin Otto hat es geschafft, Mutter Sabine nicht.
Auf ihrem Rücken ist ein großer Löwe dazugekommen, der steht für ihre Stärke und Selbstsicherheit. Die Blüten rund um den Körper drücken Ottos neu entdeckte Nähe zur Natur aus. Und hinter ihrem rechten Ohr sitzt ein kleiner Marienkäfer – genau dort, wo einst ihr Venenkatheter lag.
Am Grab ihrer Mutter
Kristin Otto ist erst dieses Jahr von Holzweißig im Landkreis Anhalt-Bitterfeld nach Halberstadt gezogen. Hier leitet sie mittlerweile eine christliche Kita und wohnt in derselben Straße, in der sie einst aufgewachsen ist. Das Grab ihrer Mutter liegt nur ein paar Minuten von ihrer Wohnung entfernt.
“Hier komme ich zum Lachen und zum Weinen her”, sagt sie, als sie vor das gepflegte Grab mit den hellen kleinen Steinen tritt. “Also ich sehe es so, dass meine Mutter mir zweimal das Leben geschenkt hat.” Einmal zur Geburt und einmal, weil sie sie so penetrant zur Vorsorge gedrängt habe. Nur so kann Kristin Otto das Leben führen, wie sie es heute tut. Und damit kommen wir zu Veränderung 4: Der ganz grundsätzlichen Einstellung zum Leben.
“Um Alltagsprobleme mache ich mir eigentlich gar keine Gedanken mehr”, sagt sie. Sie lebe seit dem Krebs immer im Moment, blicke mit Leichtigkeit aufs Leben, genieße die kleinen Dinge. Was auf den ersten Blick ein bisschen banal, ein bisschen pathetisch klingt, ist von Kristin Otto mit Leben gefüllt worden. Und damit möchte sie anderen Mut machen.
Wenn jemand so eine Diagnose erhält, sollte er gucken, dass er bewusst damit umgeht. Dass er den Tag genießt. Dass er versucht, auf jeden Fall zu kämpfen. Und wenn hinter der Diagnose was steht und man weiß, man hat nicht mehr viel Zeit: Dann genießt sie verdammt nochmal.
Auf dem Weg zum zweiten Geburtstag
Bald jährt sich Kristin Ottos lebensrettende OP zum fünften Mal. Dann kann sie davon ausgehen, den Krebs wirklich besiegt zu haben. “Am 17. Oktober feiere ich meinen zweiten Geburtstag”, sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht. Und wie sie den feiert, weiß sie schon. “Ich werde ins Klinikum gehen und eine Sektflasche mitnehmen. Noch vor Ort geht die auf. Und dann werde ich nur Dinge tun, die mir Spaß machen.”
Autor: MDR Harz
Quelle: MDR Harz